Die Schützen der Aloisusjugend haben in der Flut fast ihre gesamte Ausstattung verloren. Dass sie nun trotzdem ein Schützenfest veranstalten konnten, verdanken sie zahlreichen Spendern.
Nun haben auch die jüngsten Ahrweiler Schützen eine neue Majestät. Am Samstagmittag holte der 15-jährige Philip Metzger des Königsvogel der Aloisiusjugend mit einem gezielten Schuss von der Stange und durfte sich im Kreise seiner Kameraden feiern lassen. Auf dem Schulhof der Ahrweiler Grundschule freuten sich mit dem neuen König einige Hundert interessierte Zuschauer, beim anschließenden traditionellen Einzug durchs Ahrtor in die Ahrweiler Altstadt brandete erneut lauter Jubel auf. Das Königsvogelschießen war dabei nicht nur der Höhepunkt im letzten Teil der Ahrweiler Schützenfestwochen, sondern auch eines ganz besonderen Schützenfestes. Denn dass die jüngsten Ahrweiler Schützen im Jahr eins nach der Flutkatastrophe schon wieder aufziehen und feiern konnten, war noch vor wenigen Monaten alles andere als selbstverständlich.
Der mehr als 200 Jahre alten und trotzdem jüngsten Ahrweiler Schützengesellschaft war in der Flutnacht beinahe das gesamte Inventar abhandengekommen: Uniformen, Instrumente, Fahnen, alles war im Keller der Aloisius-Grundschule eingelagert. Und beinahe alles wurde von dort aus weggespült und ward nicht mehr gesehen. Nur den Tresor nahm die Flut nicht mit. So blieb der Aloisiusjugend wenigstens ihr wertvolles Schützensilber erhalten, das der scheidende König Ben Mombauer zu seinem Abschied um ein weiteres Königsschild ergänzte. Letztendlich war die Flut auch das beherrschende Thema beim Festkommers am Freitagabend. In Schumachers Bistro trat kaum ein Redner aus Gesellschaft oder Schützenwesen ans Mikrofon, der nicht über die Geschehnisse vom vergangenen Sommer und deren Folgen für die Ahrweiler Schützengesellschaften sprach. Die hatten gemeinsam vor allem im Haus der Schützen schwere Schäden erlitten. Dass aber einer Gesellschaft das gesamte Hab und Gut fortgeschwommen war, war einzigartig.
Daher kamen auch beim Kommers zahlreiche größere und kleinere Spenden zusammen, mit denen der Vorstand der Aloisiusjugend versuchen wird, den auf rund 80.000 Euro geschätzten Schaden zu decken. Neben Geldbeträgen waren dabei sogar Sachspenden. Das Team um den Vorsitzenden Peter Terporten freute sich über zwei neue Offizierssäbel, die ihnen Winfried Kohlhaas und Rene Ulrich überreichten. Neue Uniformen und neue Instrumente hatten die jüngsten Ahrweiler Schützen allerdings bereits angeschafft. Damit zogen sie schon ab dem Nachmittag auf, natürlich gestalteten sie auch den Festkommers musikalisch mit. Zudem freute sich der Vorstand, dass es in den letzten Wochen unheimlich viel Zulauf für den Verein gab. Mehr als 50 aktive Aloisiusjungen zählt die Gesellschaft in diesem Jahr. Bei aller Freude sorgte das große Interesse aber auch für Stirnrunzeln, denn die Ausstattung der Jungschützen ist an lange Lieferzeiten geknüpft. Da galt es, zu improvisieren. „Nur Kappen und Holzgewehre waren schnell zu bekommen, und so haben wir die Aloisiusjugend kurzerhand um eine Infanterie ergänzt“, so Terporten. In Ahrweiler werden diese Jungs „Mösche“ genannt. Eine entsprechende Abteilung gab es bislang nur bei den Junggesellen-Schützen.
Nach den Ehrungen vieler Jubilare am Festkommers, wo auch die zu Ehrenden der beiden vergangenen Pandemie-Jahre Erwähnung fanden, standen beim zweiten Tag des Aloisiusfestes die jungen Schützen im Mittelpunkt. Schon ganz früh am Morgen zog man mit Musik und Offizieren auf, besuchte gemeinsam mit den Kindern der Ahrweiler Grundschule den Gottesdienst und fand sich später auf dem Schulhof ein. Als das dortige Schulfest allmählich zu Ende ging, starteten die Aktivitäten der Schützen. Die erste Aufgabe fiel dabei Pastor Jörg Meyrer zu. Er segnete zwei neue Fahnen, die ebenfalls Ersatz für Verlorenes. Die Kosten hatten der Heimatverein Alt-Ahrweiler und der Bürgerschützenverein Ahlen im Rahmen der Fluthilfe übernommen.
Damit die beiden Königskandidaten, der zwölfjährige Rico Groß und der drei Jahre ältere Philip Metzger, das Wettschießen mit der Armbrust antreten konnte, war ebenfalls eine freundliche Hilfe nötige gewesen. Die Vereinsarmbrüste hatte man in den Fluten verloren, der Landesverband der Armbrustschützen aus Nordrhein-Westfalen half aus. Schießmeister Werner Knieps musste das Gerät nach den Ehrenschüssen nur noch 39-mal spannen, da war der Wettbewerb auch schon entschieden. Nachdem Kopf und ein Flügel schnell gefallen waren, setzte Philip Metzger um genau 11:41 Uhr einen Volltreffer. Der Rumpf bewegte sich erst und fiel dann einige Sekunden später von der Stange. Natürlich war der Jubel beim erfolgreichen Schützen und seinen Eltern Heike und Markus groß. Flugs mit dem Königssilber dekoriert und dem Zepter in der Hand ließ sich die neue Majestät auf den Schultern seiner Kameraden feiern.
Im Festzug brachte man ihn in die Stadt zur offiziellen Vorstellung bei Pastor, Bürgermeister und den anderen Schützenkönigen, ehe diese denkwürdigen Ahrweiler Schützenfestwochen mit den Stechschrittparaden auf dem Kalvarienberg allmählich zu Ende gingen.