Jürgen Knieps
Wilhelm Busch
Werner Dittmann
Willi Gies
Toni Jarre
Stefan Schöneberg
Richard Kreutzberg
Franz Marchand
Carl Kreuzberg
Appolinar Hubert Roßbach
Christian Menné
Anton Josef Maxrath
Franz Josef Schopp
Heinrich Josef Kreutzberg
Joan Conrad Greßenich
Hilger Manderfeld
Tillmann Wolff
Jakob Maria Mutone
In den vergangenen 110 Jahren gab es bis eben exakt fünf Schützenbrüder, die das Amt des Hauptmannes ihr eigen nennen konnten. Nicht gerade viele und somit haben wir einem äußerst seltenen Ereignis beigewohnt. Grund genug auf mein Grußwort als Ortsvorsteher nachher zu verzichten und stattdessen als Chronist der Gesellschaft mit Euch einmal einen Blick auf diese Hauptleute zu richten und sie ein klein wenig in unser aller Erinnerung zu rufen.
Wir schrieben das Jahr 1905 als Stefan Schöneberg Hauptmann der Gesellschaft wurde. Vielleicht haben einige den Namen noch nie gehört, ihn aber dennoch schon einmal auf alten Bildern wahrgenommen. Denn Schönberg war auffällig, sehr auffällig, er trug einen extrem langen bis zur Brust reichenden Vollbart. Auch sonst war er eher eine Ausnahmeerscheinung und als sehr erfolgreicher Bauunternehmer einer der größten Arbeitgeber in der Region. Er baute hiesige Großprojekte, wie beispielsweise den Kalvarienberg oder das Kurhaus, ferner Brücken wie die am Ahrtor oder an der an der Katzley. Außerdem war er Betreiber einer Ziegelei, nämlich der „Alten Ziegelei“, die Namensgeber für das heutige Wohngebiet am damaligen Standort ist. Leider ging es mit Stefan Schöneberg später sowohl gesundheitlich als auch wirtschaftlich bergab. Und so stellte man ihm, auf Lebenszeit gewählt, von Demenz gezeichnet, aber trotz Bemühungen des VWR keinesfalls rücktrittsbereit, in seinen letzten Hauptmannsjahren einen Stellvertreter zur Seite, den Kaufmann Toni Jarre.
Dieser war 1922 mit nur 40 Jahren bereits König der Bürgerschützen gewesen. 1928 wurde dann aus dem Stellvertreter Toni Jarre der neue Hauptmann selbst und niemand konnte zu dem Zeitpunkt ahnen, dass er dieses Amt nun für unvorstellbare 41 Jahre bis 1969 bekleiden würde. So lange, dass man ihn am Ende dieser Jahre auch schon einmal mit dem Sessel aus dem Hause tragen musste, damit er auf dem Markt seine Kommandos geben konnte.
Und so war er noch nach seinem Tod das Sinnbild manch einer Junggesellengeneration für die „überalterten“ Bürgerschützen, was sich bis in die 1980er Jahre besonders in dem gern geübten Wechseldialog „Bürgerschützen auf dem Marktplatz, der ahle Hauptmann Jarre kommandiert im Rollstuhl“ ausdrückte, bei der ein Vorsprecher den alten Jarre und die restlichen Junggesellen die angetretenen Bürger veräppelten, wa ungefähr so klang:
"Bürjerschützen stilljestamde" (Muß dat sin)
"Bürjerschützen, sit e su joot, dot ens die Klabürsch üvver“ (Stöhnen)
"Hoch legt an“ (Stöhnen/Wehklagen, Ach dat deit wieh)
"Jett ens e bißchen Feuer“ („Paduff“ lang gezogen)
Ein lahmes „Tätderätätäda“ rundete diesen Bürgerauftritt ab, dem dann, natürlich als Kontrastprogramm, die zackige und knackige Variante der Junggesellen folgte. Das war schon etwas despektierlich, aber sicher auch ein stückweit süße Rache für die jahrzehntelang erlittenen Demütigungen und Zurechtweisungen, denn Toni Jarre bestellte bei Verfehlungen der Junggesellen diese mit Vorliebe nach der sonntäglichen 11-Uhr-Messe ein, um Ihnen dann die Leviten zu lesen. Legendär ist ja die Nummer, als die Junggesellen die Schwester von Monreals Pitt-Jupp in Müscheuniform gesteckt hatten und sie beim Trinkzug mitnahmen, der Groll des alten Jarre ob „dieses Flintenweibes“, wie er es wohl ausgedrückt hatte, muss sehr heftig gewesen sein. Aber so waren die Zeiten und eines muss man Toni Jarre lassen, er hatte in Ahrweiler fast alles im Griff, besonders in den Nachkriegsjahren 1945-1948, als er gleichzeitig noch Bürgermeister der Stadt war. Ein Amt, welches ein Vorfahre Jarres übrigens bereits im 17. Jahrhundert in Hamburg ausgeübt hatte und nach dem dort eine Jarrestraße benannt ist. Für all seine Verdienste erhielt Toni Jarre 1954 das Bundesverdienstkreuz, die Freude dürfte sicher etwas getrübt gewesen sein durch den Märtyrertod seines Bruders Rudolf, genannt Cyrillus Jarre als Erzbischof in China nur zwei Jahre zuvor. 1957 erhielt Toni Jarre dann auch Ehrenbürgerwürde Ahrweilers; die handgemalte Urkunde hierüber befindet sich übrigens in unserem Museum.
Nach dem Tode Jarres im November 1969 ging es unter der Rigide von Willy Gies weiter, der den krankheitsbedingt verhinderten Jarre bereits 1965 vertreten hatte und danach 1966 vom Fähnrich in das Amt des Hauptmann-Stellvertreters gewechselt war. In der Amtszeit von Willy Gies war die Funktion eines gesonderten Archivars völlig überflüssig. In freier Anlehnung an den Sonnenkönig hätte er sagen können „ L´Archive c´est moi“, denn sein Kopf war das Archiv des Ahrweiler Schützenwesens und wer je in seinem Wohnzimmer gesessen hat und den Erinnerungen aus diesem unfassbaren Gedächtnis zuhören durfte, wird dies nur bestätigen können. Fehlte aber dennoch mal etwas oder es bedurfte der Unterstützung durch Bilder oder Ähnlichem, so verließ Willi Gies das zum Hof gelegen Wohnzimmer, ging in sein zur Oberhutstraße liegendes Schlafzimmer, „flappte“ sich trotz des Alters flach auf den Boden und kramte das Fehlende aus -unter dem Bett verstauten- Kisten hervor, hier befand sich also der zweite Teil des seinerzeitigen Schützenarchivs. Zu diesen Zeiten redete übrigens noch der Hauptmann selbst auf den Beerdigungen von Schützenbrüdern und ich hatte, als Aloisiusjunge oder Junggeselle, etliche Male Gelegenheit den Worten von Gies bei diesen bedauernswerten Anlässen zu lauschen und dabei hat sich tief in mir die Erinnerung manifestiert, dass er seine Ansprache, unabhängig vom Alter oder vorherigen Krankenstand des lieben Verblichenen, also selbst wenn dieser jenseits der Neunzig und seit Jahren dahinsiechend war, immer mit Worten begann: „Jäh und unerwartet…“
Mit klaren Befehlen und seinem prägnanten rollenden „R“ besonders beim „Bataillon chargiert“ hatte er ansonsten die aufmarschierende Gesellschaft stets fest im Griff, die Vereinsführung selbst war aber anders verteilt. Aus gemeinsame Sitzungen des Internen der Junggesellen mit dem VWR ist mir gut in Erinnerung geblieben, wie Willy Gies zwar auch hier souverän durch die Sitzung führte, jeden Tagesordnungspunkt feierlich aufrief, um ihn dann aber sofort an jemanden anderen, zumeist Pitt-Jupp Monreal, mit den Worten zu delegieren: PittJupp, würdest Du bitte hierzu ausführen“. So ging es schlichtweg die ganze Sitzung durch.
Nun, Willy Gies, hat sich, wie schon sein Vater Ferdinand, Ehrenbürger Ahrweilers, König und Chronist der Gesellschaft, um diese verdient gemacht, besonders auch mit seinem vorbildhaften Verhalten zum Ende seiner Amtszeit hin. Denn, als auch er dann in die Jahre kam, wurde das bewährte Modell des Hauptmann-Stellvertreters in Person von Werner Dittmann 1987 wieder aufleben gelassen. Im Gegensatz zu früheren Hauptleuten zog es dann aber Willy Gies vor, nicht an einer Amtsführung bis zum Grabe festzuhalten, nein, er trat auf der JHV 1989 zurück, machte Platz für Werner Dittmann und wurde im Gegenzug vom Verwaltungsrat mit der Auszeichnung eines Ehrenhauptmannes bedacht, die übrigens auch mit einem Sitz im Verwaltungsrat verbunden war und auch noch heute so Bestandteil unserer Satzung ist.
Nun liebe Schützenbrüder, an den Hauptmann Werner Dittmann muss man die Meisten nicht mehr erinnern, denn bereits 491 unserer heutigen 702 Schützenbrüder waren Mitglied, als Werner Dittmann 2003 sein Amt niederlegte, haben ihn also selbst schon einmal als Hauptmann der Bürger erlebt. Anders wäre es, würde ich den König Werner Dittmann in Erinnerung rufen wollen, denn dieses Amt erlangte er bereits 1974 und nur 68 unserer heutigen Mitglieder waren damals bereits aktiv dabei. Und noch einmal Jahre zurück, nämlich 1951, ist der damals scheidende Junggesellen-Hauptmann Werner Dittmann in die Bürger eingetreten und nur noch exakt einer unserer heutigen Schützenbruder war damals schon dabei oder besser, trat damals mit ihm ein, unser Willy Groß, den wir ja gleich noch für diese Eiserne Mitgliedschaft ehren werden, eine Ehrung also, die auch Werner Dittmann heute zuteil geworden wäre. Es hätte ihn sicher sehr gefreut. Nun, ich weiß nicht, wie Eure Erinnerungen an Werner Dittmann sind, meine sind durch zwei Dinge geprägt. Zum einen durch den „unendlichen Langmut“ mit der er an alles ranging und der Tatsache, dass er sich durch nahezu nichts aus der Ruhe bringen ließ. Sinnbild hierfür ist für mich immer noch ein Trinkzug-Ereignis, bei dem zwei recht angeschlagene Rotten des Oberleutnantsgliedes, der auch zwei heutige VWR-Mitglieder angehörten, wie sonst könnte ich wohl berichten, die letzten Altär´chen in der Niederhut aufsuchten unter „Dauerbetreuung“ Ihre verzweifelten Zugführers Willi Busch, der für ein gutes Ende wahrscheinlich mehr als ein Stoßgebet gen Himmel geschickt hatte. Nun kamen diese Reihen an das allerletzte Altärchen, an dem auch Werner Dittmann stand und seine wunderbaren Worte waren: „Ich bin so stolz auf Euch, Männer!“. Alle Erziehungsbemühungen des Zugführers waren konterkariert und ich weiß nicht, wie oft sich der arme Willi die Worte Dittmanns noch zitiert hat anhören müssen. Für diese Gelassenheit konnte man Werner Dittmann einfach nur bewundern. Außerdem habe wir ihm noch eine Erkenntnis zu verdanken: Nämlich, dass es selbst bei 35 Grad im Schatten offensichtlich kein besseres Erfrischungsgetränk geben kann, als ein Glas guten Ahrspätburgunders. Mein Vorgänger als Chronist hat mal berichtet, dass Werner durchaus auch richtigen Durst verspüren konnte, dies seinem Chronisten Hans-Georg gegenüber auch kundtat, man daraufhin gemeinschaftlich einen gastronomischen Betrieb aufsuchte und Werner dann den klassischen Durstlöscher schlechthin bestellte, nämlich „drüje Ruude“. Ja, so war er halt.
Mit dem Jubeljahr 2003, als die Gesellschaft ihr 600-jähriges Bestehen begangen hatte, beendete auch Werner Dittmann seine Amtszeit als Hauptmann noch lebend. Dabei hatte ihn zuvor sein sogenannter Adjudant, der Professor, also unser Bernhard Kreutzberg mit einem warnenden Hinweis davon abhalten wollen: „Werner, ein Hauptmann tritt nicht zurück, ein Hauptmann stirbt“. Nun ja, heutzutage folgen selbst Päpste seinem Beispiel.
Beerbt wurde Werner von Willi Busch, der aus einem Novum hervorging. Denn, zum einen hatte der Verwaltungsrat erstmals nur das Vorschlagsrecht für den neuen Hauptmann und die eigentliche Wahl erfolgte wie heute auch, durch eine Mitgliederversammlung. Zum anderen beinhaltete der damalige Wahlvorschlag sogar zwei aus Sicht des VWR geeignete Kandidaten, so dass die Schützenbrüder eine wahre „Qual der Wahl“ hatten. Willi stellte das „Nimm Dich selbst nicht so wichtig“ von Johannes XXIII. in seiner Bewerbungsrede an den Beginn seiner Amtszeit.
Hieraus resultiert sicher auch eine der größten Errungenschaften von Willis Amtszeit, das „Einbinden“ ganz, ganz vieler Schützenbrüder in das Leben, die Abläufe und Entscheidungen unserer Gesellschaft, wie wir es heute erst wieder mit der Arbeitsgruppe für die Messvorbereitung erlebt haben. Besonders umfangreich war die Beteiligung Vieler bei den zahlreichen Arbeitskreisen, die das fantastische Bundesfest 2007 vorbereitet haben. Aber auch die zahlreichen Mitglieder, die außerhalb des VWR beim Museums betrieb, bei der Verwaltung des Hauses der Schützen, den Internet-Auftritten der Gesellschaft, im Weinlager oder aber fallweise wie beim Erwerb und Umbau des Hauses der Schützen mitgeholfen haben, legen für das breite Einbinden der Schützenbrüder unter Willis Führung ein klares Zeugnis ab.
Und genau dieses Haus der Schützen ist eine weitere wichtige Errungenschaft seiner Hauptmannsjahre, denn erstmals in unserer langen Geschichte haben unsere Gesellschaft sowie auch Junggesellen und Aloisiusjungen dadurch ein eigenes Zuhause aufzuweisen. Einen letzten Punkt möchte ich, lieber Willi, noch ansprechen. Vor Deiner Zeit drehte sich der Kosmos der Bürgerschützen nahezu ausschließlich um uns selbst, in Deiner Amtszeit kam -von Dir wesentlich initiiert- der Impuls, künftig auch öfters gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Und so blickst Du mit Deinem Helferteam mittlerweile bereits auf zwei erfolgreiche Benefizkonzerte zurück und ein weiteres großes Konzert-Highlight wird gemeinsam mit den Rotariern im kommenden Juli im Kurpark folgen. Alles in allem hast Du also heute ein „gut bestelltes Feld“ übergegeben, eine Gesellschaft, die sich den Notwendigkeiten ihrer Zeit gegenüber angepasst hat, ohne dabei ihre wahren Grundwerte über Bord zu werfen, eine Gesellschaft die nie zuvor in ihrer Geschichte mehr Zuspruch erfahren hat als heute, was sich nicht zuletzt in den mehr als 700 Mitgliedern zeigt.