Beim Patronatsfest der Ahrweiler Bürgerschützen stand das 50 Jahre alte Leutnantsglied im Fokus – Neuer Weg für historischen Trinkzug
Zum ersten wichtigen Termin der Ahrweiler St. Sebastianus Bürgerschützen im Jahreskalender waren am Samstagabend rund 450 der aktuell 699 Mitglieder im Bürgerzentrum zusammengekommen. Das Patronatsfest wurde gefeiert und war wieder einmal Anlass, zurück zu blicken. Auffällig: es gab in diesem Jahr besonders viele Jubilare, die der Gesellschaft ein halbes Jahrhundert angehören, allesamt kamen sie aus dem Leutnantsglied. Der Grund hierfür lag auf der Hand. Im Jahr 1965 wurde das "neue" Leutnantsglied ins Leben gerufen. Aber sind angesichts der vielen Jubiläen städtischer Vereine, die teilweise Jahrhunderte lang bestehen, die 50 Jahre des Leutnantsglieds ein Grund zum Feiern?
Archivar Hans-Georg Klein bejahte diese Frage vehement und widmete dem Leutnantsglied seinen Festvortrag. Klein schilderte die Situation Mitte der 1960er-Jahre, als die Bürgerschützen gerade einmal 200 Mitglieder hatten. Das bestehende Leutnantsglied war kaum mehr in der Lage, aufzuziehen, den Schützen fehlte es an Zuwachs. Ohnehin war der Verein eine Zwei-Klassen-Gesellschaft mit Privilegien für Königsglied und Elitecorps, der Rest waren „Schützen zweiter Klasse." In dieser Situation baten 36 junge Männer um die Aufnahme, die sie aber an bestimmte Zusagen knüpften, die den Gepflogenheiten und der Satzung der Schützen konträr gegenüber standen. Man raufte sich zusammen und die Aufnahme fand statt. Die „Neuen" bildeten einen eigenen Zug, bestimmten ihren Zugführer selbst. Es war eine notwendig gewordene Rebellion, als 1965 das neue Glied unter Albert Friedrich zum ersten Mal aufzog. In den nächsten knapp 40 Jahren sollte die Bürgergesellschaft total umgekrempelt werden, faktisch zog die Demokratie dank der 36 jungen Schützenanwärter ein. Höhepunkt war die Neugestaltung der Satzung im Jahr 2001. „Ohne das neue Leutnantsglied gäbe es die Bürgerschützengesellschaft vielleicht heute gar nicht mehr", so Hans-Georg Klein.
Heute ist die knapp 700 Mann starke Gesellschaft ein fest in das Stadtleben integrierter Verein mit einem hohen sozialen Engagement, der 2015 wieder ein großes Jahr vor sich hat, denn am 31. Mai endet die dreijährige Amtszeit des amtierenden Schützenkönigs Edgar Flohe. Der hielt am Samstag eine bewegende Abschiedsrede mit dem Résumé, eine traumhafte Zeit erlebt zu haben und dankte den Schützen für die großartige Unterstützung. Es gab stehende Ovationen für die Majestät.
Hauptmann Willi Busch hatte zu Beginn des Patronatsfestes Änderungen für das anstehende große Schützenfest verkündet. So wird das Königsvogelschießen in der Quarzkaul gegenüber den früheren Schießen um eine Stunde vorgezogen, damit der historische Trinkzug pünktlich um 20 Uhr starten kann. Auftakt wird in diesem Jahr auf dem Marktplatz (Heimatverein) sein. Dann vom Pfarrhaus geht es zum Alten Rathaus, wo der Bürgermeister die neue Schützenmajestät begrüßt. Weiter geht der Weg durch die Ahrhutstraße, Schützbahn bis zum Obertor. Durch die Oberhut- und die Niederhutstraße geht es zum Abschluss zur Kreissparkasse, die den Zugteilnehmern ein Frühstück serviert.
Busch nutzte die Gelegenheit zu einem Jahresrückblick, der das vielseitige Engagement der Bürgerschützen verdeutlichte. Benefizkonzerte des Tambourcorps, die Organisation des Benefizkonzertes der Big Band der Bundeswehr für die Tour der Hoffnung, rund 500 Arbeitsstunden am neuen Haus der Schützen, dass bereits 3000 Museumsbesucher empfing, waren die Höhepunkte des Jahres.
Pastor Peter Dörrenbächer war erstmals der Einladung der Schützen zu deren Patronatsfest gefolgt. Als Moderator der Pfarreiengemeinschaft lud er die Anwesenden ein, den derzeitigen großen Umbruch in der Kirche mit zu gestalten. Auch Landrat Dr. Jürgen Pföhler wandte sich mit einer Bitte an die Gesellschaft und appellierte, den vielen Flüchtlingen im Land zu helfen und ihnen eine neue Heimat zu geben. Bürgermeister Guido Orthen verband seine Neujahrwünsche mit dem Wunsch, das Jahr mit Offenheit und Vertrauen zu beginnen. Ortsvorsteher Peter Diewald erläuterte anhand von Zahlen, wie stark die Schützen in vielen anderen Gremien und Vereinen involviert sind. Junggesellenhauptmann Bastian Friedrich nutzte das Forum zudem, Dank dafür zu sagen, dass die Junggesellen das Haus der Schützen mit nutzen können.
Ehrungen und Neuaufnahmen
Beim Patronatsfest der Ahrweiler St. Sebastianus Bürgerschützengesellschaften wurden für langjährige Mitgliedschaft geehrt: Paul Sonntag (Elitecorps, 60 Jahre), Werner Dederich, Edmund Flohe, Hans Fuhs, Michael Geschier, Willi Grohs, Rolf Groß, Paul Knieps, Richard Knieps, Wolfgang Kronen, Theo Lingen, Heinz Mies, Werner Mombauer, Felix Schäfer, Erhard Schüller, Bernd Wirtz (alle Leutnantscorps, 50 Jahre).
Neu aufgenommen wurden David Amornvuttkol, Raphael Mondry, Christoph Holzberger (alle Tambourcorps), Timo Boden (Leutnantsglied), Uwe Bodenheim, Florian Eder, Peter Kriechel, Theo Lassau (alle Jägercorps), Tobias Engels (Fähnrichsglied), Michael Jünger, Gerhard Klöckner (beide Oberleutnantsglied) und Björn Lauterbach (Hauptmannsglied).