723 Mitglieder zwischen 28 und 96 Jahren haben sich der Tradition verschrieben
Die Sanierungsarbeiten am Ahrweiler Haus der Schützen nach der Flut sind soweit gediehen, dass im Obergeschoss ab Mitte April wieder getagt werden kann. Nach monatelanger Trocknungsphase der Bruchsteinmauern haben die Elektrik und neue Sanitäranlagen installiert werden können. Aktuell haben befreundete Schützenbrüder aus Kaarst die Malerarbeiten übernommen. Das teilte Bauleiter Michael Seeliger der Hauptversammlung der Ahrweiler Bürgerschützen mit. Bis das Schützenmuseum in der alten Blankart’schen Scheune auf der Rausch jedoch wieder seinen Betrieb aufnehmen kann, wird es noch dauern. Denn die Lieferfristen für neue Ausstellungsvitrinen seien unvorhersehbar, ergänzte Museumsleiter Werner Kathe. Er berichtete von der Restaurierung des Seelenbuches der Gesellschaft, die vom Land Rheinland-Pfalz finanziert wurde und der Restaurierung der historischen Schützenfahnen mit Unterstützung der Ernst-von-Siemens-Stiftung. Ihre Heimat in den Mauern des Museums haben seit einigen Tagen wieder die historischen Königstruhen, derer sich der Ahrweiler Restaurator Willi Vendel ehrenamtlich angenommen hatte. – Beifall im Tagungsort Hotel Stern am Marktplatz.
Dort hatte Hauptmann Jürgen Knieps gleich zu Beginn der Versammlung einen neuen Rekord vermeldet. Die im Jahr 1403 erstmals erwähnten Ahrweiler Bürgerschützen haben aktuell 723 Mitglieder. „Das ist absoluter Höchststand“, freute sich Knieps. „Das jüngste Mitglied ist 28 Jahre alt, der älteste Schütze 96 Jahre alt“, ergänzte Chronist Matthias Becker Statistisches. Stolze zwölf DIN-A-4-Seiten umfasste sein Jahresbericht, der sich von der ersten offiziellen Zusammenkunft nach der Flut beim „Abend der Gesellschaft“ über das Große Schützenfest mit historischem Trinkzug bis hin zu Dankesbesuchen bei Schützengesellschaften, von denen die Bürgerschützen nach der Naturkatastrophe tatkräftige und finanzielle Hilfe erfahren, erstreckte. „Ziemlich ausführlich“, räumte Becker ein, „aber Chronik erstellen bedeutet eben auch, nachfolgende Generationen in einer solchen zu informieren.“ Der Chronist unterstrich dabei ausdrücklich die Bedeutung des Schützenfestes 2022 für den Zusammenhalt in Ahrweiler nach der Flut. Mit Blick auf den Wiederbeginn der Schützentradition nach dem Zweiten Weltkrieg erklärte Becker: „Es war im vergangenen Jahr wohl das wichtigste Schützenfest seit 1950.“ Stimmung und Erlebtes in der von der Flut gezeichneten Stadt bestätigten des Chronisten Aussage von einem grandiosen Wiederbeginn.
Eine Konstante bei den Ahrweiler Schützen sind hingegen seit mehr als 400 Jahren ihre Weinberge. Die Weinlese in den Spätburgunderlagen Ahrweiler Forstberg und Bachemer Karlskopf erbrachte rund 6000 Liter mit respektablen Oechslegraden. Davon sind für Sekt und Blanc de Noir jeweils 1000 Liter vorgesehen, 4000 Liter werden als Rotwein ausgebaut. „Das macht in der Summe einen Zuwachs durch den 2022-er Jahrgang von rund 7500 Flaschen Wein, respektive Sekt“, erläuterte Becker. Erläuterungen zu jeder Menge Zahlen präsentierte auch Schatzmeister Dieter Zimmermann. Er berichtete von den Flutbedingten Schäden und Spenden und Sachspenden von Schützengesellschaften von der Nordsee bis zu den Alpen. So konnte auch von der Flut betroffenen Schützen geholfen werden. Die Verteilung von 45000 Euro konnte laut Zimmermann unbürokratisch mit Unterstützung der Laurentius-Stiftung abgewickelt werden. 25000 Euro leiteten die Bürgerschützen an die Aloisius-Jugend weiter, deren komplette Ausrüstung Opfer der Flut folgen geworden war. Aber auch eigene Ausrüstung musste neu angeschafft werden. So schlugen allein die neuen Salutgewehre mit 9000 Euro zu Buche. Die Kosten für neues Equipment im Schützenmuseum stehen noch nicht fest. „Alles einwandfrei“, befand denn auch der Prüfbericht von Rolf Groß und Theo Peters. Der einstimmigen Entlastung des Verwaltungsrates stand nichts im Wege.
Und Einstimmigkeit prägte auch drei weitere Abstimmungen des Abends. Der Mitgliedsbeitrag bleibt konstant bei jährlich 85 Euro. „Das deckt die laufenden Kosten“, so Dieter Zimmermann. Unter Leitung von Hauptmann Jürgen Knieps wurden dann zwei Personalien abgewickelt. Thomas Holzberger wurde als Nachfolger von Schützenkönig Jürgen Schmitz für zehn Jahre zum Tambourmajor gewählt, Gregor Sebastian wurde auf Vorschlag des Hauptmannsgliedes für eine zweite zehnjährige Amtszeit als dessen Oberleutnant bestimmt.
Und auch einen Appell gab es bei der Hauptversammlung. Jürgen Schmitz wünscht sich, dass die Schützen bei den Gottesdiensten an Fronleichnam und am Patronatstag ihre Präsenz intensivieren: „Kirche und Schützen gehören in Ahrweiler zusammen. Die Begleitung der Fronleichnams-Prozession ist Kern unseres Schützenwesens. Was wäre, wenn es das nicht mehr gäbe?“ Ein Bild, das sich keiner vorstellen möchte.